„In jeder Rolle, die ich spiele, steckt eine Portion ‚Valerie‘.“
Ein Gespräch mit Valerie Eickhoff
Seit der Spielzeit 2024/25 gehört Valerie Eickhoff zum Ensemble der Semperoper. Die junge Mezzosopranistin ist in einem breiten Repertoire zuhause: Neben Partien wie Angelina in Rossinis La Cenerentola oder dem verliebten Pagen Cherubino in Mozarts Le nozze di Figaro stehen groß orchestrierte Konzertwerke wie Des Knaben Wunderhorn von Gustav Mahler und Lieder von Hanns Eisler. „Ich bin überzeugt davon, dass wir gerade in jungen Jahren uns als Sänger*in in den verschiedensten Stilen ausprobieren sollten. So lernt man seine eigene Stimme kennen und entdeckt neue Seiten an sich. Zudem hält es mich stimmlich frisch, wenn ich neben meinen geliebten Mozart- und Rossini-Partien auch das Lied einbeziehe.“ In ihrem Debüt-Album Hollywood Songbook – für das sie als Nachwuchskünstlerin des Jahres 2024 mit dem Opus Klassik ausgezeichnet wurde – hat sie gemeinsam mit Eric Schneider Lieder von Hanns Eisler, größtenteils auf Texte von Bertolt Brecht, aufgenommen. Eine außergewöhnliche Wahl, wird auf Debüt-CDs doch sonst gern ein Potpourri der beliebtesten Nummern aus dem Opernrepertoire gegeben. Für Valerie Eickhoff geht es im Gesang aber eben nicht um ein Best-of: „Egal ob auf der Opernbühne, oder bei einem Liederabend – wir erzählen Geschichten. Von schönen, sowie traurigen oder tragischen Momenten des Lebens. Bei den Eisler-Liedern ist es zum Beispiel so, dass die Texte oft sehr tragisch sind, die Musik dazu aber vermeintlich fröhlich oder beiläufig klingt. Dadurch entsteht erst eine Doppeldeutigkeit, die Zuhörer*innen viel tiefer erreichen kann. Wenn jemand aber noch so schön oder perfektioniert singt, dabei aber nichts vermittelt, fehlt ein ganz wichtiger Teil für mich.“ Für das Geschichtenerzählen gibt es in den kommenden Monaten reichlich Gelegenheit; an der Semperoper ist Valerie Eickhoff unter anderem als Rosina (Il barbiere di Siviglia) und Nicoletta (Die Liebe zu den drei Orangen) und in den Hosenrollen Hänsel (Hänsel und Gretel) und Stéphano (Roméo et Juliette) zu erleben. Eine schier überbordende Bandbreite an Persönlichkeiten und Charakterfacetten: „Mit der Eigensinnigkeit und Durchsetzungskraft einer Rosina, der kindlichen Neugier des Hänsels oder auch die neckische, naive Seite eines Stéphanos kann ich mich sehr gut identifizieren. Einen Tod auf der Bühne bin ich bislang noch nicht gestorben, da bin ich auch mal gespannt wie das Schicksal der Nicoletta sich anfühlt. Im Allgemeinen ziehe ich viele Ideen zur Charakterentwicklung aus meinen eigenen Lebenserfahrungen. Also steckt in jeder Rolle, die ich singe, auch eine Portion ‚Valerie‘.“ In der Stadt Dresden selbst, meint sie, muss sie noch richtig ankommen. Der wichtigste Schritt dafür ist aber bereits getan: „Ich habe schon mal damit angefangen, auf die Suche nach meiner neuen Lieblingsrösterei zu gehen.“