Kurzinterview mit Georg Zeppenfeld
Sie waren in dieser Saison an der Semperoper bereits u. a. als Daland, Sarastro und Rocco auf der Opernbühne zu erleben – worin besteht im Vergleich dazu der besondere Reiz, einen intimen Liederabend zu gestalten?
Georg Zeppenfeld: Das besonders Reizvolle eines Liederabends hat für mich drei Aspekte: Zunächst natürlich ist da das Liedgut, das ja aus vertonter und dabei auch bereits vom Komponisten interpretierter Lyrik besteht. Man muss also nicht dramatische Sujets auf die Bühne bringen, sondern inneren Vorgängen auf die Spur kommen und sie dem Publikum nahebringen. Dann ist da die Freiheit bei der Programmauswahl und die Freiheit der Gestaltung, zusammen mit einem Pianisten, aber ohne die maßgeblichen Vorgaben eines Dirigenten. Zum Dritten genieße ich den viel direkteren Kontakt zum Publikum, dem ich räumlich näher bin als das in der Regel in der Oper der Fall ist, und dessen Aufmerksamkeit auch viel stärker auf diese zwei Musiker fokussiert ist, als bei einem komplexeren Bühnengeschehen mit vielfachen optischen Reizen, die von manchen subtilen Details der musikalischen Gestaltung ablenken können.
Sie haben Lieder von Franz Schubert (Schwanengesang usw.) und Johannes Brahms (darunter Vier ernste Gesänge) ausgewählt. Was schätzen Sie an den Liedkompositionen dieser beiden?
Georg Zeppenfeld: Beide Komponisten haben eine jeweils ganz eigene Tonsprache gefunden, beide sind sowohl Sinfoniker als auch Kammermusiker, was sich auch in ihrem Liedschaffen niedergeschlagen hat. Bei Franz Schubert fasziniert mich die unglaubliche Einfachheit und Klarheit, mit der er Seelenzustände auf seine Zuhörer überträgt und ich liebe seine Harmonik. Bei Johannes Brahms ist es eher der große Bausch und Bogen, die Klangwolke, die er auf seine Hörer wirken lässt. Bei ihm sind es der große Ernst und die tiefe Sympathie, mit dem er den Menschen in die Seele blickt und sie mit seiner Humanität und Gläubigkeit bereichert.